Ich glaube, es gibt wenige Themen, die mich so sehr interessieren und zugleich faszinieren wie die Kirchengeschichte. Wenn man sich die vielen Kirchen und Gemeinden in Deutschland einmal genauer anschaut, fällt einem erst auf, was für eine Vielfalt an Glaubensgemeinschaften im Christentum tatsächlich existieren. Da fragt man sich doch, wie das Christentum in Deutschland überhaupt entstanden ist und welche Konfessionen es gibt? Das spannendste an den vielen Glaubensgemeinschaften und Konfessionen ist doch die Tatsache, dass wir uns alle und auf den einen Gott und Vater berufen, an seinen Sohn Jesus Christus glauben und aus der gleichen Bibel lesen.* Dennoch unterscheiden wir uns untereinander teilweise gefühlt wie Tag und Nacht.
*Ich definiere einen Christen als einen Menschen, der sich seiner Sündhaftigkeit bewusst ist und Buße getan hat, der sein Leben Jesus übergeben hat und an Jesu Namen glaubt, und der das Wort der Bibel schätzt und zur Ehre Gottes leben will.
Kampf der Konfessionen?
In den Sozialen Medien wird diese Ansicht – dass wir uns alle wie schwarz und weiß unterscheiden – zumindest gerne gefördert ? Teilweise wird sogar mit sehr harten Bandagen dafür gekämpft, dass man bloß nicht mit Konfession XYZ in einen Topf geworfen wird – böse Sünder sind doch die anderen, die nicht die eigene Meinung teilen. Was ich persönlich von diesem „Kampf der Konfessionen“ halte, konntet ihr bereits in meinem letzten Artikel lesen. Ich möchte dennoch noch ein paar letzte Worte dazu verlieren (und euch in den heutigen Artikel einleiten): „Wo Information fehlt, entstehen Gerüchte.“ Dieses Zitat steht auf der Website meiner Gemeinde und erklärt ein Phänomen, dass so menschlich wie tückenreich ist. Wenn uns etwas unbekannt oder fremd ist, bilden wir uns teilweise ein eigenes Bild über bestimmte Sachen, die nicht der Realität entsprechen. Und leider geben wir diese eigenen Bilder zu gerne weiter. Tratsch, Verleumdung und Verachtung sind die Folgen.
Kennst du dich aus?
Manche Menschen würde ich gerne einmal persönlich fragen, ob sie sich überhaupt mit den Lehren anderer Konfessionen auseinander gesetzt und einmal persönlich mit Angehörigen und Mitgliedern der jeweiligen Konfession gesprochen haben, um darüber urteilen zu können. Weil – ganz ehrlich – wie will man sonst etwaige Denkweisen und Beweggründe überlegt beurteilen können? Will man sein Wissen auf Gerüchten aufbauen?
Ich für meinen Teil kann nicht behaupten, mit allen Konfessionen ausgiebig in Kontakt gewesen zu sein. Ich weiß wenig über Katholiken, noch weniger über Kopten, Orthodoxe und Methodisten. Mit anderen Konfessionen und Denominationen [christliche Kirchengemeinschaften, insbesondere in Freikirchen] habe ich mich hingegen schon ausgiebiger beschäftigt. Ich kann Protestanten recht gut einschätzen, ebenso wie Freikirchler und Evangelikale (etwa Mennoniten, Pfingstler, Charismatiker und Adventisten), sowie andere spezielle Gruppierungen wie Zeugen Jehovas und Mormonen. Ich würde nicht sagen, dass ich alle gleich gut kenne und jede Denkweise nachvollziehen kann, doch ich habe verstanden, in welchen Punkten die Lehren und Glaubensüberzeugungen übereinstimmen und worin wir uns unterscheiden. Und vor allem: Ich habe erkannt, woran ich selbst glaube und warum ich – auf Grundlage der Bibel – so glaube.
Das ist der schönste positive Nebeneffekt der ganzen Recherchen gewesen – ich bin fester im Wort geworden. Ist das nicht cool? Das wünsche ich jedem! Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu anderen Konfessionen und Denominationen erkennen, fester im Wort werden und dadurch offener zu werden. Yeah!
Wie ist’n das nun mit dem Christentum in Deutschland?
Dass Deutschland ein christliches Land ist, dürfte für niemanden ein Geheimnis sein. Die christlichen Wurzeln durchziehen das ganze Land – viele Dinge, die prägend für die deutsche Kultur und den deutschen Rechtsstaat sind, wurzeln im Christentum und der christlichen Überzeugung. Der christliche Glaube durchdringt das Land sogar so stark, dass fast 60 % aller deutschen Bürger Mitglieder einer christlichen Kirche oder Gemeinschaft sind. Ob die nun alle tatsächlich an Gott glauben und ihr Heil in Jesus haben, oder einfach nur der Tradition halber Kirchenmitglieder sind, weiß man nicht. Dennoch zeigt die Zahl, dass der Großteil der Bevölkerung christlich geprägt ist. Gott sei Dank! Schaut man sich andere Länder der Welt an, die nicht christlich geprägt sind, wird einem bewusst, welch ein Segen es ist, in Deutschland geboren worden zu sein und hier leben zu dürfen.
Was erachtest du als Christ an Deutschland für besonders wertvoll, für das du heute danken kannst? ☺️
Bedenkliche Entwicklungen?
Dennoch muss man aus christlich-biblischer Perspektive leider feststellen, dass sich auch in Deutschland Trends entwickeln, die offenbaren, wie weit wir uns teilweise von unserem christlichem Fundament (der Bibel) entfernen. Christliche Werte werden dabei umgemünzt oder gar über Bord geworfen. Besonders stark zu sehen ist diese Entwicklung in aktuellen Diskussionen wie etwa Gender, Bildungspolitik (sexuelle Früherziehung), Rolle von Mann und Frau (radikaler Feminismus), Egoismus & Ellenbogengesellschaft, sowie Familienpolitik (Homo-Ehe, Abtreibung & Co.). Was mich persönlich auch immer wieder traurig macht und erschreckt, ist, dass viele Christen bei diesen Entwicklungen einfach mitziehen oder sogar maßgeblich als Unterstützer fungieren. Und das liegt nicht zuletzt an ihrer Glaubensauffassung.
Ich denke, an dieser Stelle kommen wir allmählich zu einem prekären Punkt. Christ ist nämlich nicht gleich Christ. Wir können uns nicht nur innerhalb des Christentum durch unsere Konfessionen unterscheiden. Selbst wenn wir beide die gleiche Konfession haben, muss das nicht bedeuten, dass wir die gleiche Glaubensauffassung teilen. Woran das liegt? Möchte ich euch gerne erklären.
Evangelikal, liberal, traditionell
In Deutschland gibt es nicht nur unterschiedliche Konfessionen, sondern auch viele verschiedene Glaubensauffassungen und Ansichten zu bestimmten Glaubensfragen – auch bekannt als die sogenannten Glaubensströmungen, die heutzutage eine größere Rolle denn je spielen, da sie unabhängig von der Konfession in jeder christlichen Kirche und Gemeinschaft auftreten können. Unter einer Glaubensströmung fasst man beispielsweise Themen wie das persönliche Verhältnis zum Glauben und das individuelle Bibelverständnis zusammen. Unterteilt werden die Glaubensströmungen in drei Hauptgruppen: die Evangelikalen, die Liberalen und die Traditionellen.
Evangelikale
- Bibel: Glauben an die Bibel als das irrtumsfreie Wort Gottes und sehen sie als Maßstab ihres Glaubens
- Jesus Christus: Sehen in Jesus den Sohn Gottes, ihren persönlichen Erlöser und den verheißenen Messias
- Glaubenspraxis: Pflegen eine persönliche Beziehung zum Herrn und leben ihren Glauben praktisch aus
Liberale
- Bibel: Glauben, dass die Bibel nicht 100 % Gottes Wort ist, Fehler aufweist und kritisch betrachtet werden muss
- Jesus Christus: Jesus ist ein moralisches Vorbild, seine Worte und Taten werden dennoch kritisch betrachtet
- Glaubenspraxis: Soziales und gesellschaftliches Engagement sowie gute Taten stehen im Vordergrund
Traditionelle
- Bibel: Die Bibel wird nicht offen kritisiert, ist aber von geringerer Bedeutung als die Kirche und ihre Lehre
- Jesus Christus: Jesus wird als selbstverständliches Glaubensgut betrachtet, ein moralisches Vorbild, steht aber dennoch im Hintergrund (Kirche im Vordergrund)
- Glaubenspraxis: Liturgie, Rituale und Lehre der Kirche stehen im Vordergrund
Was denkst du, zu welcher Gruppe du am ehesten gehörst?
Und die Konfessionen?
Um euch einen einfachen Überblick über die wichtigsten und prozentual größten Konfessionen in Deutschland zu geben, habe ich für euch eine Infografik erarbeitet, die euch in fünf einfachen Punkten Unterschiede und Gemeinsamkeiten aufzeigt und zusammenfasst, was ich in diesem Artikel zum Thema „Christentum in Deutschland“ geschrieben habe.
Die Infografik steht zum kostenlosen Download bereit und darf unter Beachtung der Lizenz (CC BY-NC-ND 2.0 DE) gerne genutzt und geteilt werden!
Hier downloaden ♥
PS: Ich bin übrigens evangelikale Christin und gehe in eine frei-evangelische Gemeinde, die sich zu den Freikirchen zählt. Falls ihr dazu mehr wissen wollt, könnt ihr gerne in meinem Nähkästchengeplauder darüber nachlesen.
Mit den liebsten Grüßen,
eure Daniela ☺️