Gen Y – Phänomene & Probleme einer Generation

◷ Geschätzte Lesedauer: 7 Minuten

Es gibt wohl kaum ein Thema, das derart zentral in den Medien behandelt wird wie die berüchtigte Generation Y (kurz Gen Y). Was auch immer rätselhaftes in unserer Gesellschaft geschieht, in den meisten Fällen haben wir – die Gen Y – unsere Finger im Spiel. Wir werden oft als die „Generation Beziehungsunfähig“ bezeichnet und für unsere komischen, beinahe naiven Sichtweisen belächelt. Wer wir sind, wissen wir eigentlich selbst nicht – nur besonders, ohja, das müssen wir sein. Ich frage mich häufig, was unsere Generation so besonders macht, und warum wir so anders wahrgenommen werden. Liegt es an der Zeit, in der wir geboren wurden, oder an dem Zeitgeist, der uns prägt? Und worin unterscheiden wir uns von anderen Generationen wie den Babyboomern oder der Gen X?

Was ist die Generation Y?

Aber erstmal zurück auf Anfang. Was ist die Generation Y eigentlich? Schauen wir doch mal, was mein guter, alter Freund Wikipedia dazu schreibt:

Generation Y (kurz Gen Y) wird die Bevölkerungskohorte bzw. Generation genannt, die im Zeitraum von etwa 1980 bis 1999 geboren wurde. Je nach Quelle wird diese Generation auch als Millennials (zu deutsch etwa die Jahrtausender) bezeichnet. Daneben ist die Generation die erste der Digital Natives.

Soll heißen: Wenn du zwischen 17 und 36 Jahren alt und mit Computern, Internet und Smartphones aufgewachsen bist, zählst du automatisch zu dieser speziellen Bevölkerungsgruppe. Wirklich besonders klingt das allerdings noch nicht, oder? Die Erfindung des Autos, des Fernsehens oder des Telefons waren ja mindestens genauso revolutionär zu damaligen Zeiten. Wieso also der Hype um unsere Generation?

Gen Y – ein Phänomen oder phänomenal?

Nicht ohne Grund wird unsere Generation auch gerne als „Generation Why“ (aus dem Englischen: „Y“ [waɪ] klingt wie „Why“) bezeichnet. Der Begriff prägt eines der wichtigsten Charakteristika unserer Generation: Wir hinterfragen alles, gehen Dingen auf den Grund, fragen unentwegt nach dem „Warum?“, suchen in allem nach einem tieferen Sinn und wollen Bedeutung in Berufs- und Privatleben. Damit unterscheiden wir uns schon deutlich von vorangegangen Generationen. Während unsere Großeltern gearbeitet haben, um zu leben, und unsere Eltern lebten, um zu arbeiten, wollen wir Leben und Arbeit verbinden (laut absolventa.de). Wir wollen besonders sein, weil uns das immer gepredigt wurde – Freiheit und Individualität, ahoi – und sind es aber irgendwie so gar nicht. Wir stellen hohe Ansprüche an uns selbst, unsere Mitmenschen und unsere Arbeitgeber und sind eher anspruchsvolle Zeitgenossen. Das kommt jedoch nicht von ungefähr: Laut onpulson ist es typisch für unsere Generation, einen hohen Bildungsgrad, viel Selbstbewusstsein und Ehrgeiz zu haben. Unser höchstes Ziel ist die Selbstverwirklichung, wir lehnen hierarchische Strukturen ab, sind karriereorientiert und legen viel Wert auf eine gute Work-Life-Balance. Allerdings heiraten wir auch sehr spät, wodurch Familie und Tradition immer weiter in den Hintergrund rücken.

Wie denken wir?

Gute Frage. Jeder Mensch denkt doch anders, oder? Auf jeden Fall, wir sind ja schließlich alles Individuen. Jedoch ist es tatsächlich Fakt (und nicht gerade unauffällig), dass wir doch ähnlich ticken. Wir sind einfach von bestimmten Ereignissen, Erlebnissen, Umständen und Begebenheiten geprägt, die uns einen ganz eigenen Blick auf die Welt geben. Um das ein wenig verständlicher zu machen, habe ich nochmal good guy Wikipedia befragt: Was verbindet uns und wie ticken wir?

  • Umgang mit Krisen: 9/11, Al Qaida und Wirtschaftskrisen haben uns gelehrt, dass Ungewissheit zum Leben dazu gehört. Wir versuchen aus allem das Beste zu machen und vorher möglichst gut abzuwägen, was das Beste tatsächlich wäre und halten uns dafür auch schon mal mehrere Optionen offen. (Eine der Eigenschaften, die uns den Namen „Generation Why“ bescherte.)
  • Lebensplanung: Gibt es eigentlich nicht. Wir improvisieren und leben wie Pippi Langstrumpf – wie es uns gefällt. Während unsere Eltern noch den einen Weg kannten, so gleicht unser Leben eher einem Labyrinth oder einer Großstadt mit etlichen Kreuzungen. Entscheidungen treffen wir meist nach den Vor- und Nachteilen für uns selbst.
  • Bildung: Ist uns wichtig wie nie zuvor. In Zeiten politischer und wirtschaftlicher Krisen, in denen nichts mehr sicher scheint, kämpfen wir mit hohen Bildungsabschlüssen um einen Platz in der Gesellschaft. Abitur, Ausbildung, Studium – immer her damit. Nur um uns ein selbstbestimmtes, unabhängiges Leben zu sichern.
  • Berufliche Unabhängigkeit: Im Beruf sind wir wählerisch, wir wollen erfüllt werden und etwas, das uns Freude bereitet und Anerkennung verschafft. Hierarchien sind uns lästig, stattdessen wollen wir ein nettes Team, in dem wir uns profilieren. Unsere Arbeitsweise ist (wie schon im Studium) vom Paretoprinzip bestimmt – mit 20% Aufwand wollen wir 80% des Ergebnisses erreichen. Faul und arbeitsunwillig sind wir nicht, nur smart genug, um mit unseren Kräften haushalten zu können und somit Burn-Out vorzubeugen.
  • Familie & Beziehung: Alternative Familien- und Beziehungsmodelle sind Erscheinungen, die die Generation Y erst richtig zu Tage gebracht hat. Was die Hippies begonnen haben, vollenden wir nun. Wir brechen so ziemlich jedes Tabu und wollen Gleichberechtigung, Freiheit und mehr Möglichkeiten. Vor allem wollen wir aber auch eine Vereinbarkeit von Familie und Karriere, damit wir (finanziell) unabhängig bleiben können.
  • Internet & Freizeit: Das Real Life und die digitale Welt sind für uns gleichbedeutend – wir unterscheiden nicht mehr in online oder offline, beides hat Berechtigung vor unseren Augen. Unsere persönliche Entwicklung ist geprägt von digitalen Medien, dem Bereich, in dem wir anderen Generationen überlegen sind. Wir lernen schnell, haben eine hohe Auffassungsgabe und sind mutig, Neues zu probieren.
  • Politik und Lebensstil: Wir haben eine alternative Auffassung von Politik, erachten nicht alle Themen als politisch relevant, sondern sehen sie im Bereich persönlicher Selbstverwirklichung. Wir demonstrieren weniger als frühere Generationen, sind aber auch nicht mit allem einverstanden, haben unseren eigenen Kopf. Wir verändern die Gesellschaft im Stillen und von innen heraus.

 

Mehr Problem als Phänomen

Als eine zweite Variante für meinen Artikel-Titel hatte ich mir „Über die Generation Y, unsere Beziehungsunfähigkeit, das FOMO-Syndrom, Benching, Ghosting und andere Phänomene“ überlegt. Ich finde, das fasst unsere größten Probleme ziemlich gut zusammen. Wer oft die großen Illustrierten (WELT und ZEIT) oder kleinere Ableger (ze.tt und bento) liest, dem dürften diese Begriffe – FOMO, Benching und Ghosting – eventuell schon einmal begegnet sein. Falls euch die Begriffe allerdings nichts sagen, sondern viel mehr verwirren sollten, möchte ich euch beruhigen – ihr habt nichts verpasst. Sie sind erst in den letzten Jahren gemeinsam mit den Phänomen dahinter entstanden und geprägt worden. Glaubst du nicht? Denk’ ich aber doch. Ich glaube, so ziemlich jeder ist schon einmal Opfer des FOMO-Syndroms geworden. Oder manche haben eventuell schon mal jemanden „gebencht“. Was denkst du – sind die Begriffe für dich nur tote Theorie oder tatsächlicher Einfluss auf dein Leben? Lasst uns einmal genauer hinschauen, was es damit auf sich.

FOMO – Fear Of Missing Out

Was eher nach einem Medikament als nach einem Fachbegriff klingt, ist doch ziemlich wichtig, um unsere komische Generation zu verstehen. FOMO – die Angst etwas zu verpassen. Ich verwette meine letzte Tafel Schokolade, dass jeder – wirklich jeder – schon einmal diese Angst gespürt hat. Die Angst, irgendwo nicht dabei zu sein, etwas nicht zu wissen, einfach etwas zu verpassen, was so besonders und wichtig und toll wäre. Schon Masha Sedgwick und Jana Wind haben über dieses Phänomen geschrieben. Sehr witzig fand ich auch Janas Beschreibung in ihrem Artikel:

„Wie viele kommen denn heute Abend?“ -„Naja, ich hab so 30 eingeladen, also zwischen 1 und 30.“
Das ist unsere Generation relativ gut zusammengefasst.

Wir sind so sehr daran gewöhnt, durch Internet, Social Media & Co. im ständigen Informationsfluss zu sein und über alles Bescheid zu wissen, dass wir begonnen haben, diese Massen an Möglichkeiten zu bewerten. Das ist gut, das ist besser, aber das, ja, das ist am besten. Dafür halten wir uns gerne alle Optionen offen. Aber so richtig nett ist das nicht, oder? Wenn wir Freund A zusagen, aber dann kurzfristig doch Freund B zusagen, weil es bei ihm wahrscheinlich doch interessanter ist. Man kann uns nicht mehr beim Wort nehmen, weil uns Verbindlichkeiten die Freiheit und vor allem die so wertvollen Optionen rauben. Früher war das mal anders – vielleicht hatte man einfach nicht mehr Möglichkeiten, aber ich denke, man hatte damals einfach eine andere Wertvorstellung von Zusagen und Verbindlichkeiten. Wenn ich „ja“ sagte, meinte ich das auch so, und nicht „ja, mal schauen, was eventuell besseres passiert“.

Generation Beziehungsunfähig

Die Angst etwas zu verpassen – FOMO – ist glaube ich der Schlüssel zu vielen anderen Problemen. Beispielsweise unsere Beziehungsunfähigkeit. Die gibt es nämlich eigentlich gar nicht. Wir sind natürlich im Stande, eine Beziehung zu führen. Aber wir wollen es einfach nicht. Wir wollen die perfekte Beziehung, unkompliziert, einfach und schön. Und der Partner sollte uns glücklich machen, weil unser persönliches Glück am höchsten steht. Und selbst wenn wir eine Beziehung unter dem Deckmantel der Liebe tarnen, hält es meist doch nicht lange, weil wir verlernt haben, Dinge in Kauf zu nehmen. Wir bringen keine Opfer mehr für andere, sondern wollen, dass sich andere für uns aufopfern. Eine Beziehung, die Arbeit bedeutet? Meh, lieber nicht. Wir halten uns lieber alle Optionen offen, weil wir den perfekten Partner nicht verpassen wollen.
Aber ganz ehrlich – ist das unser Ernst!? Liebe bedeutet Arbeit, Opfer, Selbstaufgabe. Und es gibt meiner Meinung nach nicht den einen perfekten Partner. Wenn eine Beziehung zur Ehre Gottes geführt wird, ist sie auf ihre ganz eigene Weise „perfekt“ – so perfekt sie eben für sündige Menschen sein kann. Gott segnet, wenn wir unser Leben für ihn heiligen und mit unserem Partner danach streben, ihm immer ähnlicher zu werden.

Benching und Ghosting

Mit Sicherheit fragt sich der ein oder andere jetzt: „Was ist denn bitte Benching und Ghosting?“ Ich muss mich leider mal wieder outen – ze.tt hat seine Spuren hinterlassen. Allerdings auch von Vorteil, so oft Artikel zu diesen Themen zu lesen. So erfährt man, wie altbekannte Verhaltensmuster und Phänomene einen Namen erhalten. Lasst es mich einfach mal erklären:

Benching. Ein Anglizismus, der an „bench“ (engl. für Bank) angelehnt ist und das Verhalten beschreibt, einen Gesprächs- oder Flirtpartner bei der Stange zu halten – oder wortwörtlich auf die lange Bank zu schieben. Man erhofft sich dadurch, gegebenenfalls wieder auf ihn zurückgreifen zu können.

Ghosting. Natürlich auch wieder ein Anglizismus. Dem englischen Wort „ghost“ (Geist) entlehnt, steht es für das Phänomen, sich von einem auf den anderen Tag nicht mehr beim Gesprächs- oder Flirtpartner zu melden. Man verschwindet einfach (wie ein Geist) und bricht den Kontakt ab, weil man das Interesse verloren hat.

Während Ghosting fast zu fiktiv und kaltherzig scheint, um Realität zu sein, ist Benching eine Tatsache. Wie in meinem letzten Artikel schon angesprochen, ist die Friendzone ein nicht zu verachtendes Problem. Vor allem für Männer, wenn wir Frauen uns nicht entscheiden können, was wir wollen oder fühlen. Das möglicherweise größere Problem könnte jedoch wirklich Benching werden. Es ist ein immer häufiger auftretendes Phänomen und damit Problem unserer Generation. Wir haben Interesse, genießen die Zeit der Gemeinschaft und die Aufmerksamkeit des anderen, aber wollen uns nicht festlegen aus Angst, etwas noch besseres zu verpassen. FOMO. Komisch, oder? Denn am Ende sind meiner Meinung nach nicht nur die „gebenchte“ Person, sondern auch wir selbst enttäuscht.

Fazit

Ohne die Moralkeule schwingen zu wollen – diese tolle Generation Y, in der wir leben, prägt uns doch mehr als uns lieb ist. Und ohne es zu merken, übernehmen wir Werte, die wir ein paar Jahrzehnte früher so niemals gutgeheißen hätten. Dennoch wartet die Generation Y auch mit einem mega Potenzial auf – sie entwickelt sich und strebt nach Gutem. Sie geht es eventuell etwas falsch an, irrt hin und her und findet nicht den rechten Weg. Manchmal ist sie auch zu sehr auf sich selbst fokussiert statt auf andere. Doch in allen steckt der Drang nach tieferem Sinn und einem höherem Streben. Wir haben so viele Möglichkeiten, müssen sie nur richtig nutzen. Die Welt von innen verbessern. (Oder: Was würde Jesus tun?) ☺️

Das war’s für heute von mir. Sind euch einige der Verhaltensweise und Phänomene bekannt gewesen oder habt ihr euch selbst ertappt? Schreibt mir doch, ich freue mich ☺️

Liebste Grüße, Daniela

5 Kommentare
  1. Saskia sagte:

    Am meisten habe ich mich bei FOMO wiedererkannt. Das merkt man auch an den Social Media, die man jeden Tag im Stundentakt oder sogar häufiger – wenn es die Zeit zulässt – aktualisiert. Und sowieso das ständige “Aufs-Handy-Gucken”. :’D
    Auf jeden Fall hast du unsere Generation gut zusammengefasst. Die Punkte treffen auf viele Menschen zu. Auch auf mich größtenteils.

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  2. Melia Beli sagte:

    Liebe Daniela, erstmal Chapeau für diesen wahnsinnig gut recherchierten und jawoll, informativen Post! Ich muss ganz ehrlich zugeben, dass mir nicht alle Begriffe vorher was gesagt haben oder ich nur vom Hören kannte. Das liegt vermutlich aber auch daran, dass ich mich ganz bewusst weigere, diesem Thema um Generation Y die Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, wie sie in der Gesellschaft immer propagiert wird. Ich sehe die Schose ganz pragmatisch: Jede Generation wächst unter verschiedenen Vorzeichen auf und ist geprägt von Raum und Zeit. Dass man in vielen Verhaltensweisen etwas reindeutet, was vielleicht gar nicht so zusammenhängt, wie es auf den ersten Blick scheint, ist meines Erachtens eine heikle Sache. Darüber hinaus finde ich, dass gerade die Schlagworte “Generation Beziehungsunfähig” von vielen als Art Ausrede genutzt werden, sich nicht zu binden – man ist ja nicht selber schuld, nein, es liegt alles an der Generation und man selbst könne diesem Teufelskreis nicht entfliehen. Zumindest kommt mir das so vor, aber das sind nur meine Gedanken und meine Wahrnehmung. Dein Post hat mir aber einen Anstoß gegeben über das Thema nachzudenken, genau das soll sowas ja auch letztlich bewirken – insofern Merci!
    Allerliebst
    Melina

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  1. […] meinem Artikel „Gen Y – Phänomene & Probleme einer Generation“, den ich 2016 geschrieben habe und in welchem ich mitunter dieses Thema behandle, zitiere ich die […]

  2. […] wählen wollen. (Dieses Phänomen der Generation Y habe ich bereits in meinem Artikel über die Probleme unserer Generation thematisiert.) Allerdings beruft uns Gott ganz klar dazu, dass wir in Freiheit und Verantwortung […]

  3. […] ausgelöst. Die Gesellschaft wandelt sich, nicht zuletzt durch unsere Generation (die Generation Y, über die ich schon einmal geschrieben habe). Wir denken heutzutage anders über die Dinge als […]

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